Dieses Gefühl ist schon lange in der Bauchgegend. Dieses flaue Gefühl, als würde irgendetwas nicht stimmen. Doch man erkennt nicht, was schief läuft. Man denkt Tag für Tag darüber nach, obwohl es eigentlich so offensichtlich ist: Die Streitereien, diese emotionale Kälte, diese Gleichgültigkeit... Etwas Wahres war an Anna's Sätzen damals doch dran: Unsere Beziehung ist Gewohnheit geworden. Und das im negativen Sinne. Das man sich aneinander gewöhnt, ist völlig normal. Aber das ist nicht die Bedeutung dieses Satzes. Es geht mehr darum, dass man daran gewöhnt ist, miteinander zu leben, nichts mehr anderes kennt und Angst vor dem Unbekannten hat. Man erfreut sich weiterhin an dem, was man hat. Auch wenn das vielleicht doch nicht das ist, wonach das Herz und der Geist sich sehnt. Es wäre unfair dir gegenüber, weiter zu schweigen. Ich frage mich oft, wieso ich dir meine Gefühle nicht früher gesagt habe. Eventuell wäre es dann anders gelaufen. Dennoch wusste ich schon lange, dass der Tag, vor dem mein Herz am meisten Angst hat, kommen wird. Ich möchte dich nicht verletzen, ich möchte nicht sehen, wie du leidest. Und vorallem: Möchte ich nicht der Grund sein. Doch ich kann nicht aus Mitleid so weiter machen. Das wäre herzlos. Schon lange bemerkte ich, dass die Distanz zwischen uns immer größer wird. Doch wollte ich es wohl nicht wahrhaben. Doch es ergibt keinen weiteren Sinn mehr, verwelkte Blüten wieder aufzuheben. Wir müssen beide weiter ziehen. Wir sind jung, wir haben noch ein langes Leben vor uns. Das wird nicht das ganze Ende sein. Nur weil unsere Welt zusammenfällt, heißt das nicht, dass wir für uns selbst keine Neue erschaffen können. Eventuell sogar eine schönere. Ich behaupte nicht, dass da zwischen uns nichts mehr ist. Sondern, dass einfach zu wenig von der einst lodernen Flamme übrig ist. Wenn nicht, sogar fast nur Asche. Es erscheint mir schwer, die Erinnerungen und Momente los zu lassen. Doch das sind genau die Dinge, die mich noch an dir fesseln. Manchmal frage ich mich, ob das Schicksal uns nur zusammen geführt hat, um uns zu zeigen, dass Liebe nicht für immer ist? So wie wir immer dachten. Wir malten uns eine gemeinsame, bunte Zukunft aus - doch wird mir das momentan wohl zu bunt. Es ist nichts, was mich unglücklich machen würde. Jedoch auch nicht das, was mein Leben erfüllen würde. Auch wenn weh tut, muss ich nun egoistisch werden. An mich denken, mein Leben führen, ohne von etwas zurückgehalten zu werden. Es klingt eventuell hart, doch ich denke, dass du derjenige bist, der mich zurückhält. Wir reden nicht mehr auf derselben Ebene, wir reden einander vorbei, hören einander nicht zu, missverstehen uns und unsere Gefühle. Das ist doch nicht gesund. Für uns beide nicht. Das ist keine aufblühende Beziehung mehr, das ist nebenher leben. Und so wird das immer weiter gehen, wenn ich jetzt nichts unternehme. Wenn ich jetzt nicht den Mund aufmache, zerstöre ich wohlmöglich zwei Leben - deins und meins. Ich brauche noch Zeit, um mir im Klaren darüber zu werden, was ich wirklich fühle und denke. Aber eines weiß ich: Ich kann so nicht weiter leben. Das ist nicht das, was ich möchte. Die vier Jahre waren eine schöne Zeit. Wir hatten viele Tiefs aber auch einige Höhen. Wir haben es immer wieder geschafft, aufzustehen und es zusammen der Welt zu zeigen. Doch alle guten Dinge gehen irgendwann mal zu Ende. Das ist der Lauf des Lebens und man sollte das Beste daraus machen. Auch wenn das leichter gesagt ist, als getan. Es tut mir Leid, dass es so kommen musste. Ich wünschte auch, es wäre anders. Aber ich kann nichts für meine Gefühle und muss mich auch von ihnen leiten lassen. Mich und vor allem dich zu belügen, wäre nicht fair. Für niemanden.